First things first: Ich liebe es vegan zu sein. Ich hab meine Entscheidung zum Umstieg nie bereut und würde mich auch jetzt dafür entscheiden.
Aber leider gibt es einige Aspekte, die ich an diesem Lebensstil nicht mag und die mich teilweise mehr belasten, als ich erwartet hab. Der Großteil davon steht leider hauptsächlich im Zusammenhang mit meinem Umfeld und mit der Welt, in der wir leben.
Das Gefühl der Hilflosigkeit
There is no going back. Für mich zumindest nicht. Seit ich weiß, was der Konsum von tierischen Produkten für die Natur, die Tiere und für mich bedeutet, kann ich einfach nicht mehr NICHT vegan sein.
Es ist enorm schwierig, wenn man von etwas wirklich überzeugt ist – so wie ich vom Veganismus überzeugt bin – den Drang zum Missionieren zu unterdrücken. Aber (und das weiß ich natürlich) man kann niemanden zum vegan sein überreden und schon gar nicht dazu drängen.
Im Angesicht des ganzen Tierleids, des Klimawandels und der Zivilisationserkrankungen überkommt mich deshalb oft ein Gefühl der Hilflosigkeit und es ist nicht immer leicht den Mund zu halten (und jeder, der mich kennt, weiß, dass das sowieso nicht zu meinen Stärken zählt haha).
Ja, ich hätte gerne, dass die ganze Welt vegan wird. Ich hätte gern, dass keine Tiere mehr leiden und sterben müssen und ich hätte auch gerne, dass die Menschen, die mir wichtig sind, so lange und gesund leben wie irgendwie möglich.
Aber so funktioniert das halt einfach nicht. Ich habe kein Recht darauf irgendwem irgendwas zu sagen, nur weil ich jetzt das gefunden hab, was für mich „die Wahrheit“ ist. Ich kann nur bei mir selbst anfangen. Und hoffen, dass ich dadurch irgendwas ändern kann. Und bis dahin, werd ich mich halt öfter hilflos fühlen müssen. Life’s a bitch sometimes.
Die Extrawünsche
„Entschuldigung, aber ist das vegan?“, „Könnt ich bitte den Salat ohne Joghurtdressing bekommen?“, „Könnt ich das bitte ohne Käse haben?“

Ja, ich weiß, es nervt. Ja, die Kellner hassen mich wahrscheinlich. Und ja, mit mir Essen gehen und mich zum Essen einladen ist manchmal anstrengend. Aber was soll ich machen. In einer (für mich) perfekten Welt, würde es immer und überall was Veganes geben und alle Zutaten wären gekennzeichnet, aber so ist es leider nicht. Ich will halt manchmal auch was essen und wenn die Speisekarten nichts hergeben, muss ich mir eben was zusammenbasteln oder tausendmal nachfragen.
Do I like it? Definitiv nicht. Es ist auch für mich kein Spaß, immer etwas extra für mich einfordern zu müssen. Ich mag zwar Aufmerksamkeit, aber ich mag es überhaupt nicht, als Spezialfall behandelt zu werden.
Am Anfang hat sich bei mir innerlich immer alles zusammengezogen, wenn ich wiedermal gezwungen war, die KellnerInnen mit meinen Fragen und Extra(tofu)würsten zu nerven. Jedes Mal wenn ich zum Essen eingeladen wurde, musste ich sagen „nur zur Info, ich bin jetzt vegan“ und wusste schon, welche Reaktionen das bei den GastgeberInnen auslösen würde.
Mittlerweile hat sich die Lage zum Glück ein wenig gebessert. Ich weiß in welchen Restaurants ich ohne Probleme und ohne viel Nachfragen Essen gehen kann, der Großteil meiner FreundInnen weiß über meine Ernährungsweise Bescheid (es werden nur mehr selten die Augen verdreht <3) und ich hab mich auch ein wenig daran gewöhnt, die nervige Veganerin mit den vielen Fragen zu sein.
Aber trotzdem. Früher war Essen gehen und zum Essen eingeladen werden einfach unkomplizierter. Früher hab ich nicht ständig jeden mit meinen Fragen nerven müssen und das ist etwas, das mir teilweise wirklich abgeht. Einfach mal keine Extrawünsche. Einfach mal nicht der Sonderfall sein.
Der externe Perfektionsanspruch
Sobald man vegan wird steht man sofort unter strenger Beobachtung. „Wie jetzt, du isst Avocados? Die sind doch voll schlecht für die Umwelt?!“, „Fliegen ist aber auch nicht gerade umweltfreundlich“, „Diese Fleischersatzprodukte sind ja vollgestopft mit Chemie“
Ja, ich lebe vegan. Macht mich das zu einem perfekten Menschen, der hundertprozentig gesund, nachhaltig und umweltfreundlich lebt? Nein. Hab ich aber auch nie behauptet.
Ich bin unter anderem auch aus Gründen der Gesundheit und des Umweltschutzes Veganerin. Das heißt aber nicht, dass ich deshalb 24/7 immer gesund und nachhaltig lebe.
Nein, ich lebe nicht zero waste. Ich fliege auch gerne mal in den Urlaub (auch wenn ich versuche das zu reduzieren), kaufe ab und zu fast fashion und esse sehr gerne Avocados oder Mangos oder Bananen.
Ich esse auch gerne mal vegane Frankfurter oder veganen Käse und kann mich bei Alpro-Schokopudding oder Pombären nur schlecht zusammenreißen. Diese Dinge sind vegan, aber absolut nicht gesund.
Ich weiß, dass ich diese ganzen Sachen vielleicht nicht machen sollte, aber tja, ich mach sie trotzdem.
Vegan sein heißt keine Tiere auszubeuten bzw. zu konsumieren. Fertig aus. Nicht mehr und nicht weniger.
Vielleicht werd ich mal zero waste. Vielleicht werd ich mal mega öko, lauf nur mehr barfuß herum (shout out an meinen Papa an dieser Stelle haha) und bastel mir meine eigene Kleidung aus Stoffresten. Vielleicht werd ich auch Frutarier, ernähre mich nur mehr von Fallobst und verschwöre mich gegen jegliche Konservierungsstoffe. Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Das alles hat aber rein gar nichts mit meinem Veganismus zu tun.
Ich finde die Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit mega interessant und rede auch gerne darüber. Aber ich wär sehr dankbar, wenn dieser Anspruch auf Perfektion, der von außen kommt, aufhören würde. Bitte danke.
Der Hass
Was dir keiner sagt, bevor du vegan wirst ist, wie unglaublich bösartig andere, vielleicht sogar geliebte Menschen dir gegenüber werden können. Ich hab ja allgemein eine eher dicke Haut und verstehe normalerweise viel Spaß, aber puh, am Anfang musste ich schon sehr kämpfen.
Denn vegan sein zieht vor allem eines an: die haters. Und zwar reihenweise.
Von Augen verdrehen und nicht enden wollenden blöden Kommentaren, über wahnsinnig originelle Veganerwitze, bis zu offen gezeigter Abneigung und/oder Verachtung hab ich alles schon erlebt.
Ich hab von Anfang an immer versucht aus der Ich-Perspektive heraus zu kommunizieren. Ich wollte nie Missionieren, nie jemanden vor den Kopf stoßen. Fragen habe ich immer versucht ruhig und sachlich zu beantworten. Jeglichen Beleidigungen, herablassenden Bemerkungen und diskreditierenden Falschinformationen über VeganerInnen hab ich versucht mit Humor zu begegnen. Ich hab versucht zu erklären, warum ich das mache. Warum es mir wichtig ist. Warum ich jetzt eben nicht mehr das esse, was alle essen.
Aber besonders am Anfang kommt dir einfach eine endlose Aneinanderreihung von negativen Emotionen entgegen, die sich bei manchen Personen auch schlichtweg als Hass ausdrücken.
Ich hatte erwartet, dass hauptsächlich fremde Menschen, Personen, die mich gerade erst kennengelernt haben, so auf mich reagieren würden und war dementsprechend auf diese Interaktionen vorbereitet (was sie nicht weniger herausfordernd macht).
Aber das Interessante ist, die haters kommen zum Teil auch aus dem direkten Umfeld. Teilweise waren es Personen, die mich schon jahrelang kennen.
And you know, it hurts. Es ist ehrlich verletzend, wenn dir Menschen, die dich eigentlich unterstützen sollten, die deine Freunde sind, deine Familie oder was auch immer, dir so viel Ablehnung entgegen bringen.
Die so getan haben, als würden sie mich und meine Werte gar nicht kennen. Die sich mir gegenüber so verhalten, als würden sie nicht genau wissen, dass ich eigentlich nichts im Leben unüberlegt mache. Dass ich immer meine Beweggründe habe. Menschen, die nicht daran interessiert sind oder waren, etwas über mich und diesen Lebensstil zu lernen, sondern mir nur mit Ignoranz und Negativität begegnet sind.
Ich weiß nicht, woher das kommt. Ich weiß nicht, was genau meine persönliche Lebensentscheidung in diesen Menschen auslöst bzw. was mein Ernährungsstil überhaupt mit ihnen zu tun hat. Vielleicht ist es schlechtes Gewissen, vielleicht sind es Vorurteile oder vielleicht auch nur Freude daran andere zu verletzen. Keine Ahnung. Ich finds jedenfalls absolut nicht okay, wie Menschen die irgendwie nicht der Norm entsprechen – und das tun VeganerInnen offensichtlich nicht – behandelt werden.
So please stop. Ihr macht die Welt echt um kein Stück besser.

Was ich aber hier unbedingt hervorheben will ist, dass die haters absolut nicht die Mehrheit sind. Ein großer Teil meines Umfelds hat meine Entscheidung mit anfänglicher Verwunderung, aber dann doch hauptsächlich mit Interesse und Unterstützung akzeptiert. Auch wenn ich den Hass manchmal mehr spüre, weiß ich, dass die Liebe auch da ist und dafür bin ich wirklich sehr, sehr dankbar. love you ❤

So jetzt hab ich mal wieder mein Inneres nach außen gekehrt.
Die haters mögen ihre Kommentare zu diesem Beitrag bitte in ein Sackerl reden und mir vor die Tür stellen. Adresse auf Anfrage 🙂
Besos,

Super Beitrag!! 👍🏻
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Dankeschön 🥰
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